Die Vergangenheit zum Lehrmeister nehmen, nicht als Lehrhemmung.
„Aus Fehlern lernt man“ – oft zitiert und doch nicht leicht, in die Tat umzusetzen. Besonders, wenn es um die eigene Vergangenheit geht. Dabei muss es sich nicht zwangsläufig um die eigenen Fehler aus vergangenen Tagen handeln. Es kann auch um das Fehlverhalten anderer Personen gehen oder um ein Geschehnis, das bestimmte Zufälle unglücklich hat zusammenprallen lassen.
Innerhalb kürzester Zeit, scheint das Leben auf dem Kopf zu stehen, und fortan bestimmt die Vergangenheit unser zukünftiges Leben. Wir schlafen mit ihr ein, wir wachen mit ihr auf. Manchmal schaffen wir es für kurze Zeit aus der Tiefe an die Oberfläche und können etwas von der frischen Luft der Gegenwart einatmen. Doch tückisch wie der Dämon aus früheren Tagen ist, ziehen uns seine Klauen zurück in den Abgrund des Gewesenen. Davor ist niemand geschützt, und ein Patentrezept zum Schutze vor verletzenden Situationen gibt es nicht. Wenn es das gäbe, wäre es ein Klacks, einfach loszulassen. Die Situation scheint hoffnungslos. Doch lässt sich in jedes Dunkel auch Licht bringen. Deshalb lautet die gute Nachricht: Es gibt Methoden, mit denen sich das scheinbar Unmögliche möglich machen lässt. Hier erfahrt ihr, wie ihr eure Vergangenheit loslassen könnt, ohne dabei die Hölle durchleben zu müssen.
Jeder Anfang ist schwer
Jeder Anfang ist schwer. In der Tat gilt das besonders für prägende Geschehnisse, die schmerzhafte Markierungen auf unserem Lebensweg hinterlassen haben. Die Wegweiser, scheinen alle in eine Richtung zu zeigen – zurück in die Vergangenheit. Um den Weg des Lichts in dem Labyrinth dunkler Wege und Abzweigungen wiederzufinden, brauchen wir also die Bereitschaft, nach vorne zusehen. Es ist zwar viel bequemer, sich zurückzulehnen und sich vom Mantel der Trägheit einlullen zu lassen, aber es ist schlichtweg schädlich für den Kopf und den Geist. Der Mut, die Gegenwart und die Zukunft anzupacken, erfordert Mühe, die sich letztlich jedoch positiv auszahlen wird.
Trauer, Wut, Verzweiflung, Hilflosigkeit und Frustration: Das sind Stationen, die ein Mensch nach einer schmerzenden Erfahrung durchmachen muss. Sie gehören zu unserem natürlichen Heilungsprozess. Unterdrücken wir aber diese natürlichen Reaktionen, verwandeln wir uns in eine tickende Zeitbombe. Unterschwellig tragen wir einen unsichtbaren Rucksack mit einer großen Last herum, der unseren Rücken krümmt, bis das wir nicht mehr gehen können. Unser Leben stagniert. Lassen wir die Phase des Leidens aber zu und nehmen ihren natürlichen Verlauf hin, können wir uns bereit machen, eine Situation oder einen Menschen, der uns etwas bedeutet hat, gehen zu lassen. In manchen Fällen passiert das ganz plötzlich. Die Periode des Leidens ist durchlebt. Wir gehen schlafen, wir wachen auf, und plötzlich fühlen wir nichts mehr, wenn wir an das, was war, denken müssen. In diesem Fall hat sich unterbewusst eine Distanz aufgebaut, die wir benötigen, um den Schritt des Loslassens zu gehen. Loslassen geschieht aber leider nicht immer von selbst. Wir laufen Gefahr, uns zu verrennen und finden uns in einem Teufelskreis wieder. Mit der nötigen Distanzierung und dem wichtigen Schritt der Selbstfindung, können wir es aber schaffen, diesen verheerenden Kreis zu durchbrechen und das Leben zu umarmen.
Distanz und Selbstfindung
Was wir in schwierigen Zeiten brauchen, ist Distanz. Diesen Abstand erreichen wir, indem wir uns auf eine übergeordnete Ebene begeben oder anders ausgedrückt: Wir versetzen uns in eine dritte Person, die das Vergangene von außen betrachtet. Auf diese Weise reflektieren wir nicht nur das Bild, wie es sich aus der Sicht eines objektiven Dritten darstellen würde. Wir reflektieren auch das Verhalten der unter Umständen damit verbunden anderen Menschen. Die Perspektive rückt die Situation in ein anderes Licht und lässt bestimmte Reaktionen verständlicher wirken. Auch bekommen wir dadurch die Möglichkeit, den oder die Menschen auf der anderen Seite besser zu verstehen. Besonders schwer wird das, wenn sich bestimmte Personen zu einem Feindbild gewandelt haben. Hierbei entsteht ein recht intimes Verhältnis zwischen der verletzenden Person aus der Vergangenheit und dem noch immer verletzten Menschen in der Gegenwart. Dieses intime Verhältnis, welches in manchen Fällen von Hass geprägt ist, gilt es loszuwerden – denn Hass bindet.
Schaffen wir mit der Außensicht Distanz aufzubauen, erweitern wir auch unseren eigenen Horizont und sind in der Lage, die Größe zu zeigen, die manche Menschen nicht haben. Es kann sich um die Fähigkeit handeln zu verzeihen oder um Verzeihung zu bitten, ganz gleich wie die Antwort auf der anderen Seite der Vergangenheit aussehen wird. Aus den Fehlern lernen gehört dazu.
Wir fangen an, uns wieder selbst zu definieren. Mit dem Loslassen rückt automatisch die Gegenwart und auch die Zukunft in den Vordergrund. Noch bevor wir den vergangenen Zeiten den Rücken kehren, fangen wir an, unser Selbst neu zu definieren, indem wir mehr für uns selbst tun. Die Bereitschaft des Ausgleichs steigt und damit auch unser Selbstwertgefühl. Jede individuelle Zielsetzung, jede kleine neue Erfahrung, die glücklich macht, jede neue Bekanntschaft, jedes neue Vorhaben lässt unseren Selbstwert wachsen. Eine gesunde Portion Egoismus ist daher nicht falsch.
Das Leben und die Zukunft umarmen
Aus den Fehlern lernen befreit. Es macht uns auf eine gewisse Art zu einem reiferen und weiseren Menschen. Für die Zukunft können wir daraus neue Erkenntnisse ziehen und uns mit produktiven Fragen auseinandersetzen, die uns zu den richtigen Lösungswegen führen: Was kann ich besser machen? Was kann ich tun, um eine bestimmte Situation zu schlichten? Letztlich sind wir in der Lage, die Gegenwart und die Zukunft willkommen zu heißen und neue Herausforderung mit einer großen Portion Motivation anzunehmen. Die Vergangenheit ist dein Lehrmeister.
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