Aderlass?! Unweigerlich denkt man bei einer solchen Therapieform sofort ans Mittelalter mit seinen kuriosen Monstermethoden, Folter und Hexenverbrennungen. Man kann sich gar nicht vorstellen, dass man damit etwas bewirken kann. Vor allem wenn man schon so viel Beängstigendes im Fernsehen gesehen hat.
Doch weit gefehlt – der Aderlass ist eine wunderbare Therapieform – natürlich nicht für alles. Aber für die wenigen Indikationen wirkt er Wunder.
Der Aderlass wurde schon weit vor dem dunklen Mittelalter eingesetzt. Bereits Hippokrates wendete 460 vor Christus diese medizinische Behandlungsform an. Er ging davon aus, dass es ein Ungleichgewicht der Körpersäfte gebe.
Die Durchführung
Die Durchführung ist recht einfach. Man legt einen Venenzugang und entnimmt bei einem kleinen Aderlass um die 150 Milliliter und bei dem großen Aderlass etwa 500 Milliliter Blut.
Der Aderlass wird heute bei verschiedenen Krankheiten eingesetzt. Eine sehr große Zustimmung findet es bei Polycythaemia Vera. Das ist eine Erkrankung, bei der der Körper zu viele rote Blutkörperchen herstellt. Das Krankheitsbild zeichnet sich durch eine Erhöhung der Blutviskosität aus. Da ist es logisch, dass man rote Blutkörperchen aus dem Körper schaffen möchte. Damit senkt man den zu hohen Hämatokritwert auf Normalwert. Man kann dazu eine Blutuntersuchung vor und eine nach dem Aderlass machen, um die Werte dann zu vergleichen.
Der Aderlass wird auch bei einer Eisenspeicherkrankheit eingesetzt. Bei der Eisenmangelanämie speichert der Organismus zu wenig Eisen in den roten Blutkörperchen. Durch den Aderlass werden auch hier vermehrt neue Zellen gebildet, die die Eisenaufnahme verstärken. Dahinter steht die Überlegung, dass es neue Zellen besser können als alte und verbrauchte.
Eine dankbare Wirkung zeigt der Aderlass auch bei Bluthochdruck. Dabei entnimmt man ein bis zweimal die Woche bis zu 300 ml Blut aus der Armvene. Je nachdem wie alt man ist, ob Frau oder Mann, ob man eine gute Konstitution hat oder nicht, passt man die zu entnehmende Menge der Person an. Besser ist es, etwas weniger Blut zu entnehmen und dafür aber öfters. Durch die Therapie wird das Herz Kreislaufsystem entlastet.
Wirkung des Aderlasses
Was passiert nun bei einem Aderlass? In der Medizin wird dafür ein Wort verwendet, das sich Hämodilution nennt. Was versteht man darunter? Das Volumen der Erythrozyten vermindert sich. Das heißt, der Hämatokrit (der Anteil des Blutes mit den Blutkörperchen) vermindert sich im Verhältnis zum Blutplasma. Hämodilution bewirkt, dass sich das Fließverhalten des Blutes verbessert. Dazu gibt es auch wiedermal ein medizinisches Wort, es heißt Rheologie. Das kommt mal wieder vom griechischen und bedeutet Fließen. Logorhoe gibt es zum Beispiel, wenn ein Mensch permanent redet. Diarrhoe findet dann am anderen Ende des Darmes statt und bedeutet Durchfall.
Des Weiteren wird beim Aderlass neues Blut mit frischen, nicht verbrauchten Zellen hergestellt. Das ist so zu verstehen: beim Aderlass merkt der Organismus, dass ihm Blut fehlt und er regt somit die Produktion von neuem Blut an. Das ist so ähnlich wie wenn ihnen jemand ihre Klamotten im Urlaub klaut und ihnen nichts anderes übrig bleibt als sich neue Sachen zu kaufen.
Die vermehrte frische Blutherstellung kommt wiederum dem Immunsystem zugute, das mit frischen Abwehrkräften rechnen kann.
Durch das entnommene Blut kommt es zu einer Blutverdünnung. Der Körper merkt, dass er Blut verliert und versucht es sofort zu ersetzen. Dazu wendet er einen simplen Trick an: er holt sich Flüssigkeit vom Gewebe und pumpt es erst mal ins Blut. Dieser Verlauf regt dann die Bildung von neuen, frischen Zellen an.
Der Aderlass ist eine sehr schöne Therapieform und sollte viel mehr eingesetzt werden.