THERAPIE MIT BLUTEGELN

ZUR WUNDVERSORGUNG – BEI RHEUMA

Bei dem Gedanken an die braunschwarzen, wendigen, wurmartigen Tiere verziehen so manche Menschen das Gesicht. Ältere Menschen erinnern sich sicher noch daran, wie sie damals als Kinder in den Gewässern ihrer Heimat badeten. Am Ufer angelangt, bemerkten sie nicht selten, wie sich hin und wieder feucht-glänzende Blutegel an der Haut festgebissen hatten und sich genüsslich an ihrem Blut labten. Damals wurden die Tiere oftmals einfach von der Haut abgerissen und in die Büsche geworfen. Die Wunden bluteten lange nach.

Der ekelige Egel

Der deutsche Name „Blutegel“ lässt an „Ekel“ oder „ekelig“ denken. Dabei stammt der Name ursprünglich aus dem griechischen Wort „echis“ und bedeutet „kleine Schlange“. Der Blutegel ist jedoch keinesfalls der Gattung der Schlangen zugehörig. Er wird zu den Ringelwürmern gezählt. Ein naher Verwandter von ihm ist der Regenwurm. Die englische Bezeichnung des Egels „leech“ wurde im Mittelalter als Synonym für „Heiler“ verwendet.

Und als Heiler wird er seit je her in der Medizin eingesetzt. Die älteste schriftlich überlieferte Anwendung von Blutegeln in der Therapie stammt aus Indien, zwischen 100 – 600 Jahre v. Chr. Ebenso wurden die Tiere unter anderem im antiken Griechenland, antiken Rom und in der traditionellen chinesischen Medizin eingesetzt. Auch in unserer europäischen Medizin spielten die Tiere in der ärztlichen und volksheilkundlichen Therapie im Laufe der Jahrhunderte eine bedeutende Rolle.

Egel-Vampirismus

Bedauerlicherweise wurde dies Anfang des 19. Jahrhunderts übertrieben. Zu jener Zeit wurden die Egel bei fast allen Krankheiten angesetzt. Dies ging sogar soweit, dass zeitgenössische Kritiker von „Vampirismus“ sprachen. Mit der Entdeckung der Bakterien als Krankheitserreger geriet die Therapie vorübergehend in Vergessenheit.

Einen neuen Aufschwung erfuhr sie durch die chemische Isolierung der blutgerinnungshemmenden Substanz Hirudin, die sich im Mund und Schlund der Blutegel befindet. Nun wurde der Einsatz und die Wirkungsweise der Blutegel rational erklärbar und medizinisch-wissenschaftlich belegt. Nach dem Aufkommen der Medikamente Marcumar und Heparin nach dem Zweiten Weltkrieg verschwand der Egel weitestgehend aus den Krankenhäusern.

Der Egel kehrt zurück

Inzwischen ,schleicht’ er sich jedoch wieder zurück in die moderne Medizin, zum Beispiel zur Wundversorgung nach rekonstruktiven Operationen. Studien von naturheilkundlichen Abteilungen in universitären Kliniken wurden vor einigen Jahren veröffentlicht, die die erfolgreiche Anwendung der Blutegel in der Schmerztherapie bei symptomatischen Arthrosen bestätigen.

Der Speichel des Blutegels wirkt in seiner Gesamtheit entzündungshemmend, gerinnungshemmend und lymphstrombeschleunigend. Das vom Egel direkt aufgenommene Blut und die darauffolgende Sickerblutung aus den Bisswunden wirkt wie ein Aderlass. Dadurch ist ein Blutentzug aus dem Kapillarbett möglich, was auch in der plastischen und Unfallchirurgie genutzt wird.

Zu den aktuellen Einsatzgebieten der Blutegel zählen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Arthrosen und Arthritiden, Sehnen- und Sehnenscheidenentzündungen wie bspw. der Tennisellenbogen. Sie werden eingesetzt bei Rückenschmerzen, Wirbelsäulen- und Kreuzbeinsyndrom. Bei Beschwerden von Gefäßen wie oberflächlichen Venenentzündungen, Krampfadern und Besenreisern, Ödemen und Unterschenkelgeschwüren. Dabei muss man jedoch beachten, dass hier nicht das kosmetische Ergebnis im Vordergrund steht. Bei Krampfadern kann das „Schweregefühl“, die Schwellung der Beine nachlassen. Die Venen bleiben jedoch sichtbar. Weiterhin werden die Egel bei Mittelohrentzündung, Nebenhöhlenentzündung, bei Blutergüssen und noch einigen anderen Indikationen eingesetzt.